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DAS GESICHT VON BADACHSCHAN IN DEN SCHMÜCKSTÜCKEN EINER FRAU 

Im Herzen des Pamir-Gebirges, umgeben von ruhiger Natur und dem Gesang der Gebirgswasserfälle,

beginnen Perlen zu sprechen. Einst stumm, erwachen sie zum Leben, sobald sie in die Hände einer patriotischen Frau aus Badachschan gelangen. Diese Perlen sind nicht nur Schmuckstücke; jede erzählt eine Geschichte aus vergangenen Zeiten, von Liebe und alten Verbindungen. In den Händen einer stillen, aber kraftvollen Frau werden diese Perlen lebendig. Sie werden zu Erinnerungen, in denen die Menschen dieser Region ihre Vergangenheit sehen.

Tamara Yorbékova ist nicht nur eine Künstlerin, sondern auch eine Bewahrerin der Weisheit und Schönheit der traditionellen Kultur Badachschans. Mit farbenfrohen Perlen erschafft sie eine neue Welt, die sowohl alt als auch modern, sanft und kraftvoll ist. Jedes ihrer handgefertigten Stücke ist eine spirituelle Brücke zwischen Generationen, zwischen Bergen und Herzen, zwischen Vergessenheit und ewigem Leben.

In diesem Interview sprechen wir nicht nur über Schmuck, sondern auch über das Leben, die Weltanschauung und die Philosophie einer kreativen Frau aus Badachschan. Von der Kindheit bis zur bereits internationalen kreativen Welt. Dieses Gespräch ist eine Reise zur Liebe zur Liebe zum Heimatland, zur Kunst und zum Leben.

ÖTK: Tamara, bitte erzählen Sie uns, was Ihre erste Erinnerung an den Pamir-Schmuck ist? Und wen betrachten Sie auf diesem Weg als Ihren Lehrer?

T. Yorbékova: Das erste Mal hielt ich mit neun Jahren eine Perle in der Hand. Es waren Sommerferien, und meine Cousine und ich saßen im Innenhof meines Großvaters. Sie zeigte mir ein wenig, wie man ein Armband herstellt. Damals war ich aus dem Bezirk Ishkoshim ins Dorf meines Großvaters gereist. Ich war ein neugieriges Mädchen, interessiert an allem und wollte lernen. Nach einigen Jahren arbeitete ich wieder mit Perlen, als ich 15 oder 16 Jahre alt war, während der Sommerferien. Wir stellten gelegentlich Armbänder und Halsketten für uns selbst her. Die Arbeitsweise mit Perlen war damals völlig anders.

Bis heute hat mich niemand offiziell in dieser Kunst unterrichtet. Ich habe auf diesem Weg und in anderen Lebensbereichen einen Lehrer den großen Gott. Er ist mein einziger Führer! Wenn ich etwas sehe und lernen möchte, bitte ich Gott, mich zu führen und mir zu helfen. Er ist mein Problemlöser, sodass ich schnell lerne und kreiere.

ÖTK: Sie sprechen von hohen Bergen und einer traditionellen Umgebung. Wie hat diese Umgebung Ihren Geschmack für Schönheit und Frische beeinflusst?

T. Yorbékova: Ich bin unermesslich verliebt in mein Heimatland, eine Liebe, die mit wenigen Worten nicht beschrieben werden kann. Die himmelhohen Berge, die stürmischen Flüsse, die klare Luft und der blaue Himmel all diese Schönheiten verstärken die Liebe zum Heimatland in meinem Herzen. Ich bemühe mich stets, dass alles, was ich lerne und erschaffe, in den Schönheiten meines geliebten Heimatlandes verwurzelt ist. Die Kunst, mit der ich mich beschäftige, hat ihre Wurzeln in der Kultur und dem Erbe unserer Vorfahren. Und ich werde sie mit Stolz fortsetzen.

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ÖTK: Wenn Sie sagen, “Ich erwecke Muster und Ornamente zum Leben”, was bedeutet das für Sie?

T. Yorbékova: Wenn ich sage, “Ich erwecke Muster und Ornamente zum Leben”, meine ich, dass ich den Mustern, Symbolen und Verzierungen, die aus unserer Kultur und Geschichte stammen, Leben einhauche. Ich verwende sie nicht nur als Dekoration, sondern bringe sie mit Liebe und Respekt wieder zum Leben in Form von Schmuck, auf Stoffen oder in jeder handgefertigten Kunst, die ich erschaffe. Dies ist ein Versuch, unser kulturelles Gedächtnis lebendig zu halten, damit wir das, was aus der Vergangenheit geblieben ist, auch heute fühlen und an zukünftige Generationen weitergeben können.

ÖTK: Welche traditionellen Pamir-Symbole und Muster verwenden Sie am häufigsten in Ihren Schmuckstücken? Hat jedes Muster eine besondere Bedeutung?

T. Yorbékova: Ja, in den Perlen, die ich herstelle, verwende ich hauptsächlich traditionelle Pamir-Symbole und Muster wie das “Sheroza”, eines der bekanntesten Muster der Shugni-sprachigen Bevölkerung von Badachschan. Auch viele farbenfrohe Muster aus Wakhan werden verwendet. Diese sind oft von der Natur, dem Leben in den Bergen und der alten Kultur der Menschen inspiriert.

Zum Beispiel:

  • Das Sonnenmuster symbolisiert Licht, Leben und die schöpferische Kraft der Mutter. Es ist in vielen Stickereien und Verzierungen zu sehen.
  • Das Rauten- oder Viereckmuster steht für Schutz und Bewahrung. Es wird oft in der Mitte von Halsketten oder Armbändern platziert.
  • Blumen und Sträucher symbolisieren Schönheit, Fruchtbarkeit und Liebe. Jede Blume hat ihre eigene Bedeutung; zum Beispiel steht die Tulpe für Liebe und Leben.
  • Treppenmuster oder Zickzacklinien symbolisieren den Lebensweg und das Gebirge mit all seinen Komplexitäten.
  • Der Stern oder das achteckige Muster steht für Vollkommenheit und Gleichgewicht.

ÖTK: Ihre Schmuckstücke sind nicht nur schön manchmal erzählen sie auch Geschichten oder singen Lieder. Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?

T. Yorbékova:

In der Kunst des Volkes von Wakhan gibt es unzählige Muster. Diese stammen nicht nur aus der Natur, sondern auch aus Symbolen alter Glaubensrichtungen des Zoroastrismus und des heutigen Islams. Wir bringen sie mit Nadel und Faden zum Leben. In den letzten Jahren sind Motive wie Herzen und Rosen mit bunten Blättern besonders beliebt geworden. Sie werden auf Kappen gestickt, auf Kleidung verwendet und ich verwandele sie in farbenfrohe Perlenketten.

Die Geschichten und Bedeutungen dieser Muster sind zahlreich und vielfältig. Eine davon möchte ich erzählen:

Die Geschichte der Perlenherzen: „Zwei Berge und ein Herz“

Am Ursprung des Flusses Pandsch standen sich zwei hohe Berge gegenüber einer in Wakhan und der andere jenseits der Grenze. Jahrelang blickten sie schweigend einander an. Jeden Abend redeten sie im Licht der untergehenden Sonne miteinander, jeden Morgen schickten sie sich Nebelbotschaften der Freundschaft.

Eines Tages träumte ein junges Mädchen namens Tamara, das Wakhan-Perlenschmuck herstellte, von zwei miteinander verbundenen Herzen mit roten und grünen Fäden zwischen den Bergen. Sie erwachte und fertigte ein einzigartiges Halsband: In der Mitte ein Doppelherz mit traditionellen Wakhan-Mustern, umrahmt von Bergblumen und der Farbe des Pandsch-Wassers.

Als das Halsband fertig war, sagte jemand: „Das ist nicht nur ein Schmuckstück. Das ist eine Botschaft der Liebe, die keine Grenzen kennt.“

So wurde das „Herzband“ zur Geschichte der Verbindung zwischen Menschen, Kulturen und Bergen. Wer es trug, spürte Wärme im Herzen als ob die Berge frischen Atem der Hoffnung einhauchten. Und wenn man mit dieser Schönheit unter Menschen ging, fiel man sicher auf.

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ÖTK: Wie bewahren Sie das Gleichgewicht zwischen traditionellen und modernen Mustern?

T. Yorbékova:

Das Gleichgewicht zwischen traditionellen und modernen Elementen halte ich auf mehrere Arten:

  • Kulturelle Grundlage mit modernem Stil.

     Ich bewahre die ursprünglichen Symbole und Muster der Wakhi- und Pamiri-Kultur so, wie sie sind doch ich übersetze sie in klare, minimalistische Formen und Farben, die dem heutigen Geschmack entsprechen.
  • Materialien und Formen.

     Traditionelle Stickereien übertrage ich in Perlenform und gestalte sie in moderner, geometrischer Struktur. Die Form wird modern, aber das Muster bleibt aus der Vergangenheit.
  • Farbgebung.

     Ich arbeite oft mit traditionellen Farben wie Rot, Grün und Weiß, aber auf Wunsch meiner Kund:innen integriere ich auch andere Naturtöne.

Mir ist wichtig, dass die Bedeutung der Muster nicht verloren geht. Wenn ein Motiv ausgewählt wird, erforsche ich auch seine kulturellen Wurzeln und erzähle seine Geschichte weiter. Das ist essenziell, besonders für die Zukunft. 

ÖTK: Welche Emotionen inspirieren Sie am meisten beim Erschaffen Ihrer Schmuckstücke?

T. Yorbékova:

Die Freude der Menschen, die meinen Schmuck tragen.

Wenn ich mir vorstelle, dass eine Frau oder ein junges Mädchen meine Perlen mit Stolz trägt und ihr Gesicht dabei aufleuchtet das ist für mich die größte Inspiration.

Wenn jemand ein neues Design bei mir bestellt, beginne ich sofort mit Freude an der Arbeit und stelle mir bereits vor, wie schön es am Ende wird.

Aber oft sind es auch die Muster, die ich bereits viele Male angefertigt habe, da kennen meine Hände den Ablauf auswendig. Dann höre ich Musik oder sehe nebenbei einen Film, während meine Hände den Rest erledigen.

ÖTK: Spielt die Rolle einer Kunsthandwerkerin aus einer abgelegenen Bergregion eine besondere Rolle in Ihrem kreativen Prozess?

T. Yorbékova:

Jede kunstschaffende Frau trägt in sich eine ganze Welt aus Kraft, Geduld und Liebe. Jede Perle, jeder Faden, den ich verwende, ist durchdrungen von Respekt, Zärtlichkeit und Schönheit. Für mich ist das der Glanz reiner Handwerkskunst.

Ich erschaffe nicht nur Schmuck ich versuche auch, Geschichte zu erzählen. Muster, die vielleicht in keinem Buch mehr existieren, leben in meinem Gedächtnis und durch meine Hände weiter. Dieses Gefühl begleitet mich von Anfang bis Ende eines jeden Werks.

Das Kunsthandwerk der Frauen in abgelegenen Regionen bleibt oft unsichtbar. Ich will mit meiner Kunst ihre Stimme in die Welt tragen.

Jede Stickerei, jeder Ohrring ist wie ein Lied und ich bin ihre Sängerin.

Für mich ist das Perlenhandwerk nicht nur eine Kunst, sondern ein Symbol für Schönheit, für Natur, für Stolz.

ÖTK: Sie versuchen offenbar, die Pamiri-Kultur durch Ihre Kunst der Welt näherzubringen. Was haben Sie auf diesem Weg bereits erreicht?

T. Yorbékova:

Ich bemühe mich, die Kultur meines Heimatlandes insbesondere die von Wakhan und Pamir durch traditionellen Schmuck und Ornamente international sichtbar zu machen.

Seit 2020 habe ich mehr als 3.000 Stücke geschaffen: Halsketten, Ohrringe und Armbänder mit klassischen Pamiri- und Wakhi-Mustern.

Mein Ziel ist es, Pamir – einen besonderen Teil Tadschikistans mit seiner reichen und kunstvollen Tradition modern und authentisch zu präsentieren.

Ich möchte in Zukunft spezielle Kollektionen entwickeln, Projekte umsetzen, um die lokale Kultur auf internationaler Ebene vorzustellen mit all ihren traditionellen Formen und Besonderheiten.

Seit über fünf Jahren teile ich meine Werke über soziale Netzwerke: Facebook, Instagram, Odnoklassniki, VKontakte, Pinterest, Telegram, meine Seiten haben über zwei Millionen Besucher.

Meine Werke haben viele Länder erreicht, auch solche, in die ich selbst noch nie gereist bin: Russland, Kirgisistan, Kasachstan, Usbekistan, China, Afghanistan, Pakistan, USA, Kanada, Großbritannien, Schweiz, Türkei, Saudi-Arabien, Indien…

Einige Stücke wurden von Menschen mitgenommen, andere über Freund:innen bestellt und weitergetragen.

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ÖTK: Mit welchen Herausforderungen sind Sie auf diesem Weg konfrontiert?

T. Yorbékova:

Die größte Herausforderung ist das Material selbst gute Perlen sind in unserem Land selten.

Die verfügbaren stammen meist aus China und sind von geringer Qualität.

Ansonsten gibt es keine großen Hindernisse. Ich habe mir selbst alles beigebracht, mein Handwerk auf dieses Niveau gebracht. Ich nutze alle Möglichkeiten sozialer Medien, um mein Werk sichtbar zu machen und weiterzugeben.

ÖTK: Lehren Sie auch junge Menschen diese Kunst? Wie kann man dieses Erbe an kommende Generationen weitergeben?

T. Yorbékova:

Ja, die Weitergabe dieser uralten Kunst an junge Menschen ist sehr wichtig, damit dieses kostbare Kulturerbe nicht verloren geht. Dafür sehe ich mehrere Wege:

  1. Kurse und Workshops organisieren.

     Praktischer Unterricht in Schulen, Kulturzentren oder online, damit junge Leute barrierefrei teilnehmen können.
  2. Lehrvideos erstellen.

     Den Herstellungsprozess dokumentieren und in der Muttersprache erklären, mit Untertiteln – so wird es für alle zugänglich.
  3. Wettbewerbe, Ausstellungen und kreative Wettbewerbe für Jugendliche – um ihre Talente zu zeigen und voneinander zu lernen.
  4. Zusammenarbeit mit Älteren und erfahrenen Kunsthandwerkerinnen.

     So können die alten Traditionen und Symbolik authentisch weitergegeben werden.
  5. Traditionelles mit moderner Technologie verbinden.

     Das Erbe in zeitgemäßer Form zeigen, damit junge Menschen es lebendig und aktuell erleben können.

Viele Interessierte schreiben mir über soziale Medien sowohl junge als auch ältere Menschen, viele von ihnen leben im Ausland.

Ich erkläre ihnen alles über Fotos, Videos und Schritt-für-Schritt-Anleitungen. Ich habe bereits mehrere Schülerinnen, auch wenn sie es nicht als Beruf betreiben möchten sie beherrschen die Kunst für sich und ihre Familie.

ÖTK: Wenn Sie sagen: „Meine Liebe zu Pamir“ welche Rolle spielt diese Liebe in Ihrem Leben und Werk?

T. Yorbékova:

Wenn ich sage „meine Liebe zu Pamir“, dann ist das nicht nur ein Gefühl für Schönheit oder Heimat, es ist eine spirituelle Kraft, die jeden Schritt meines Lebens und meiner Arbeit beeinflusst.

Diese Liebe zeigt sich in allem: in Farben, in traditionellen Kleidern, in Ornamenten, sogar in der Musik. Sie durchdringt jede meiner Stickereien, jedes Muster.

Jedes Kunstwerk, das ich schaffe, erzählt eine Geschichte von Pamir von der Geschichte, von den starken Frauen dieses Gebirges, von reiner Liebe, von einer Kultur, die mit der Natur verbunden ist.

Diese Liebe bringt auch Verantwortung mit sich:

Die Verantwortung, zu bewahren, zu beleben und weiterzugeben, was sonst vielleicht verschwinden würde.

In jeder meiner Kreationen steckt ein Stück meines Herzens. Wenn Menschen meine Werke tragen oder betrachten, spüren sie vielleicht einen Tropfen dieser unendlichen Liebe zu Pamir.

Und in Momenten der Schwierigkeit, wenn der Weg steinig ist dann flüstert mir diese Liebe zu:

„Mach weiter. Stolz gehört zu denen, die in den Bergen geboren sind.“

ÖTK: Wenn Sie sich Pamir als Schmuckstück vorstellen würden wie sähe es aus?

T. Yorbékova:

Wenn ich Pamir als ein Schmuckstück beschreiben müsste, wäre es ein seltener und kostbarer Edelstein – nicht nur wegen seiner Schönheit, sondern wegen der Kraft, die in seinem Herzen schlummert.

Diese Kraft kommt aus den himmelhohen Bergen, aus dem klaren Wasser und der starken Seele seiner Menschen.

Es wäre wie ein Rubin aus Badachschan, berühmt in der ganzen Welt.

Mit feinen goldenen Linien, von denen jede ein Lied, ein Dorf, ein Gebet einer Mutter bewahrt.

Wenn man in das Herz dieses Steins blickt, sieht man die Landschaften von Bartang, Chorugh, Ishkashim, Wakhan und Shughnon.

Und wenn man ganz still ist, hört man seine Stimme den Klang der Rubab, die Gesänge langer Nächte, die Weisheiten alter Männer.

Es ist nicht nur ein Schmuckstück es ist ein Versprechen:

Ein Versprechen, die Wurzeln zu bewahren, Liebe weiterzugeben und die innere Haltung zu ehren, die Pamir lebendig hält.

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ÖTK: Viele dieser Muster sieht man auch in anderen Kulturen z. B. in der Ukraine, Peru oder Mexiko. Haben Sie darüber nachgedacht?

T. Yorbékova:

Ja, die Ornamente und Stilrichtungen des Pamiri-Schmucks meist geometrisch, bunt, symbolhaft sieht man auch in anderen Kulturen, etwa bei Stickereien aus der Ukraine, aus Peru, Mexiko und weiteren Ländern.

Diese Ähnlichkeit ist kein Zufall: All diese Völker leben in naturnaher, bergiger Umgebung.

Sie schöpfen wie wir ihre Inspiration aus der Natur, alten Überlieferungen und dem inneren Sinn für Schönheit.

Perlen sind in jeder Kultur nicht nur Schmuck sie sind ein Zeichen von Identität, Erinnerung und kulturellem Erbe.

Diese Gemeinsamkeiten zeigen, dass Schönheit und Symbolik über Herkunft und Ort hinaus verbinden.

Ich habe gute Kontakte zu Perlenkünstlerinnen aus anderen Ländern.

In einer Telegram-Gruppe teilen wir unsere Werke, lernen voneinander.

Ukrainische Frauen sind in dieser Kunst besonders geschickt. Fast jede von ihnen beherrscht mehrere Techniken – sie kennen Dutzende geometrische Muster und vielfältige Herstellungsweisen. 

ÖTK: Was ist Ihr größter Traum für die Zukunft?

T. Yorbékova:

Mein wichtigster Traum ist es, originale tschechische Perlen zu finden. Sie sind zwar teurer als chinesische, aber viel schöner und angenehmer zu verarbeiten.

Ein weiterer Traum ist es, eine elektrische Maschine speziell für das Perlenhandwerk zu entwickeln.

Ich frage mich oft: In einer Zeit, in der für jede Kunst moderne Technik erfunden wurde warum nicht auch für das Perlenfädeln?

Diese Kunst ist wertvoll, bekannt – aber sie erfordert viel Geduld und Handarbeit.

Manchmal denke ich: Vielleicht ist es meine Bestimmung, so ein Gerät zu entwickeln? Vielleicht ist das meine Verantwortung?

Und jedes Mal, wenn ich Perlen auffädle, lächle ich leise in der Hoffnung:

„Vielleicht wird dieser Traum eines Tages wahr.“

  

ÖTK: Haben Sie eine Botschaft für junge tadschikische Frauen und Mädchen, die ihren Weg im Leben durch Kunst finden möchten?

T. Yorbékova:

Jede einzelne Perle, die du auffädelst, jede Stickerei, die durch deine Finger wächst, ist nicht nur Handwerk – sie ist ein Stück deines Herzens.

Wenn du den Traum hast, mit deiner Kunst die Welt schöner zu machen, dann wisse:

Du bist bereits auf dem richtigen Weg.

Der Weg einer Kunsthandwerkerin ist nicht leicht.

Er erfordert Zeit, Geduld, Mut.

Aber der Tag wird kommen, an dem die Menschen auf dich blicken und sagen:

„Das ist wahre Kunst.“

Frau zu sein, Mutter zu sein, Künstlerin zu sein das sind drei Ehren zugleich.

Wenn du sie in dir vereinst, kannst du die Welt verändern.

Hab keine Angst vor Schwierigkeiten.

Fürchte dich nicht vor Neuanfängen.

Und selbst wenn deine Kunst noch nicht perfekt ist gib nie auf.

Denn jede Flamme beginnt mit einem kleinen Funken.

  

ÖTK: Zum Abschluss bitte stellen Sie sich für unsere Leser:innen in Österreich und weltweit kurz vor. Wer sind Sie und was ist Ihre Mission?

T. Yorbékova:

Ich bin Tamara Yorbékova Kunsthandwerkerin und Designerin von handgefertigten Perlenstücken.

Geboren in den Bergen von Badachschan, lebe ich heute in der historischen Stadt Chudschand.

Ich erschaffe einzigartige Schmuckstücke, inspiriert von den Ornamenten der Pamir- und Wakhan-Kultur.

Jedes Stück erzählt Geschichten von Natur, Tradition und der Seele der Bergfrauen.

Mein Ziel ist es nicht nur, Schönheit zu kreieren sondern ein kulturelles Erbe lebendig zu halten, das von Generation zu Generation weitergegeben wurde.

Mit farbenfrohen Perlen und symbolischen Mustern verbinde ich die moderne Welt mit der traditionellen Ästhetik meiner Heimat.

Wenn eine Frau meinen Schmuck trägt, soll sie spüren:

Sie ist Teil einer alten und zugleich lebendigen Geschichte.

Heute präsentiere ich mein Werk mit Stolz von Tadschikistan bis Österreich und in die Welt hinaus.

Denn ich glaube daran: Schönheit ist eine universelle Sprache und Kultur ist der tiefste Ausdruck von Freundschaft und Verbundenheit.

 

ÖTK: Vielen Dank für dieses ehrliche und inspirierende Gespräch. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und Erfüllung, in Ihrem kreativen Schaffen wie auch in Ihrem Leben.

T. Yorbékova: Auch ich danke Ihnen von Herzen für dieses warme und bedeutungsvolle Interview.

Es ist mir eine Ehre, einen Teil meiner Welt mit Ihnen und Ihren Leser:innen zu teilen.

Ich wünsche jedem jungen Menschen, ob in Tadschikistan oder in Österreich, dass er seinen Weg findet: durch Kunst, durch Liebe, durch Schönheit.